Wurst, aber nicht egal!

Das Thema ‚Food Waste‘ ist den meisten ein Begriff und daher ist es natürlich auch beim Thema „Getränke“ nicht zu vernachlässigen.

Aus den Schalen der ausgepressten Zitrusfrüchte machen die Mixologisten Oleo saccharum (Ölzucker), Köche frittieren Kartoffelschalen zu Chips und Esther Kern zeigt in ihrem Buch „Leaf to Root“ mit dem Rezept von Pascal Haag  dass man aus Gurkenschalen eine aromatische Limonade herstellen kann.

Bevor die Fleischesser jetzt weinen und sagen:“ Immer alles ohne Fleisch, menno!“: keine Angst: es wird alles gut – denn es gibt ja Wurstwasser!

Das sollte schon deshalb verwendet werden, weil es so schön alliteriert. Das Wurstwasser blickt auf eine lange Tradition zurück:  Begriffe wie „Eau de Saucisson“, „Hot Dog Infusion“ und „Aqua di Salsiccia“ sind tief in der Getränke-DNA der meisten Länder verankert. Seit ein paar Jahren hat sich das Wurstwasser vom ‚Champagner des kleinen Mannes‘ oder vom ‚Prosecco der kleinen Frau‘ emanzipiert und es hat sich eine neue und anspruchsvolle Getränkegattung entwickelt.

Wie bei den meisten Lebensmitteln, gibt es auch bei Wurstwasser große Qualitätsunterschiede. Bei Wurstwasser sind es gleich mehrere Stellschrauben, die für die Qualität entscheidend sind: Salzqualiät, Salzmenge, Umamigehalt, Gewürze und natürlich die Qualität der verwendeten Würstchen. Wurstwasserquerverkostungen sind ein noch junges Genre, aber unerlässlich, wenn man das Produkt richtig verstehen möchte. Dabei ergeben sich sowohl bei Horizontal – als auch bei Vertikalverkostungen, spannende Ergebnisse in Sachen Textur, Volumen, Mundfülle und Nachhall.

Der Goldstandard ist das Wurstwasser vom Wiener vom Fleisch der teuersten englischen Schweinerasse „Berkshire“ (in Japan als ‚kurobata‘ und in den USA ‚black pork‘ bekannt) und Wagyurindern im Saitling einer seltenen Schafsrasse aus Neuseeland (zart im Biss und dabei füllfest): hocharomatisch und voll von Umami, ergänzt durch Rishiri-Kombu von der Insel Hokkaido.

100 ml davon kosten auf dem Wurstwasserweltmarktpreis (WWW-Index) derzeit $ 2100!

Dieses Wurstwasser wird aufgrund des Preises auch der Champagner der Wurstwässer genannt, zudem entwickelt sich hier ein Trend zum Jahrgangswurstwasser. Die Jahrgänge 1989, 1998, 2005 und 2018 erzielen auf den internationalen Wurstwasserauktionen inzwischen Höchstpreise. Beim im Wurstwasser enthaltenen Salz handelt es sich hier um Bergkernsalz von ‚Reinsalz’ aus Österreich, das traditionell von Hand aus dem Berg geschlagen wird.

Auch wegen des hohen Preises bekommen Sie Wurstwasser dieser Qualität häufig  nur als Shot mit einem frittierten Stück Bacon vom Koberind serviert, oder in Begleitung zum Kobefilet im Blattplatinmantel.

Das Wurstwasser vom Mangalitza-Wollschwein zeichnet sich durch einen dezenten Salzgehalt aus. Da hier zudem leicht fermentierte Därme vom Berkshire-Schwein verwendet werden, und so ein natürlicher Umamigehalt im Wasser vorhanden ist dieses Wurstwasser auch ein perfekter Apéritif. Hier sollte darauf geachtet werden, dass die Trinktemperatur 19 Grad nicht unterschreitet.

Für den täglichen Genuss sind beide Wurstwässer nicht gedacht  – daher kann jeder seine „Hot Dog flavoured water“ für die alkoholfreie Speisebegleitung selber zubereiten:

Nehmen Sie Ihre Lieblingswiener, geben Sie sie in ein hohes Weckglas, füllen Sie es mit Ihrem bevorzugten Mineralwasser auf und geben Salz dazu (auf einen Liter Wasser, 2,5 EL von Ihrem Lieblingssalz) und geben Sie einen guten Esslöffel Reis-Koji dazu. Verschließen Sie das Glas und stellen es für 3-4 Tage in den Kühlschrank.

Erwärmen Sie die Würstchen in der Infusion im Topf – auf 43 Grad und nehmen Sie sie dann sofort von der Platte.

Die Wiener im Wasser auskühlen lassen und erst dann aus dem Wasser nehmen, wenn es vollständig abgekühlt ist. Nur so erreichen Sie das volle Aroma.

Das Wurstwasser hält sich durch den Koji nahezu unbegrenzt im Kühlschrank. Vor dem Servieren die Infusion durch ein feines Sieb geben. Mit einem Schuss unpasteurisierter Shoyu können Sie Ihre Wurstinfusion abschmecken.

Auch Vegetarier müssen nicht auf diesen Genuss verzichten: nehmen Sie Würstchen aus Seitan und geben Sie zusätzlich zum Koji noch ein Stück Rausu-Kombu (hoher Glutamatgehalt) oder Shiitake dazu und einen Teelöffel Lapsang Souchon im Teebeutel und verfahren bei der Herstellung wie bei der Sausage-Water-Infusion. Tipp: nehmen Sie den Teebeutel vor dem Erhitzen heraus.

Für den schnellen Genuss in Bioqualität gibt es von alnatura ein Wurstwasser im Tetrapak:

Als Speisebegleiter stellt Wurstwasser einen intensiven Gegenpart zu Gegrilltem und Kurzgebratenem, hier empfiehlt sich eine Trinktemperatur von 35 Grad.

Die fleischlose Alternative passt zu Ofengemüse, tibetischen Momos, fermentiertem Rentierfilet  oder Tempura mit Jahrgangsmanitobamehl.

Gourmets finden nun in Fine Dining Restaurants eine immer größer werdende Auswahl internationaler Wurstwässer verschiedener Jahrgänge.

© Lo Graf von Blickensdorf

Auch in ‚savory drinks‘ ist Wurstwasser eine beliebter Filler. Der Berliner Mixologist Robert Schröter empfiehlt den „Bull Shot“ (Wurstwasser mit Wodka) oder die klassische Bloody Mary.

Ein Spritzer Saft von der Meyer Lemon nimmt den Drinks mit Wurstwasser die Schwere und die Säure bringt spannende Aspekte ins Glas. Wer es leichter mag, nimmt alkoholfreien Gin (zum Beispiel Pentire aus Cornwall) statt Wodka.

Das alliteriert dann aber nicht mehr so schön.

CHEERS!

 

 

 

 

 

 

 

 

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Neue Trinkkultur
Nach oben scrollen